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Interview Ahimsa Helen Cushing | Trauma Yoga

Interview Ahimsa Helen Trauma Yoga | yogaguide

Interview | 5 Fragen an die australische Yogalehrerin Ahimsa Helen Cushing zum derzeit sehr aktuellen Thema Yoga Traumatherapie

Anlässlich des Workshops „Hope - Yoga for Trauma Recovery“ mit Ahimsa Helen Cushing aus Australien im Bhavani - Yoga and Creativity Wien wurde der wissenschaftliche Ansatz, wie Yoga auf das Nervensystem und bei Traumata sowie posttraumatischen Belastungsstörungen wirkt, vermittelt.

Ahimsa Helen Cushings Ansatz beinhaltet eine Kombination von Positionen, Entspannungsübungen sowie Atemübungen aus dem Yoga. Auch ihre preisgekrönte Dokumentation „Heroes of Peace“, wurde im Workshop gezeigt. Im Film werden die positive Wirkung von Yoga auf australische Kriegsveteranen mit posttraumatischen Belastungsstörungen gezeigt.

Yoga Guide war beim Workshop dabei und hat Ahimsa Helen Cushing um ein kurzes Interview gebeten.

Yoga Guide: Was ist ein Trauma?
Ahimsa Helen Cushing: Ein traumatisches Ereignis entsteht, wenn der Stress so stark ist, dass es wie eine Katastrophe für den Einzelnen wirkt. Es ist eine Krise, die persönlich als sehr tief empfunden werden kann. Das kann zum Beispiel eine  Naturkatastrophe, Vergewaltigung oder Unfälle mit drohenden ernsthaften Verletzungen, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person oder ähnliches sein. „Normaler“ Stress geht nicht so tief, er bedroht nicht dein Überleben, aber ein Trauma bedroht das Fundament deiner Existenz.

Nicht jedes Trauma führt jedoch zu einer posttraumtischen Belastungsstörung (PTSD). Ein Trauma oder Schmerz/Leiden gehört eigentlich zu unserem menschlichen Dasein. Wir können uns davon aber auch wieder erholen, ich würde sagen, Menschen sind belastbar und haben die Fähigkeit sich zu erholen.

Für wen ist Trauma Yoga geeignet – wer ist die Zielgruppe?
Trauma Yoga ist prinzipiell für jeden geeignet, nicht nur für Menschen mit diagnostizierter PTSD. Es unterscheidet sich in der Ausführung nicht von „normalem“ Yoga. Besonders viel Interesse an meinen Workshops kommt natürlich von Menschen mit medizinischem Hintergrund: ÄrztInnen, Psycho- und PhysiotherapeutInnen.

Was beinhaltet “Yoga for trauma recovery”?
Ziel ist es, mit einfachen Asanas, Spannungen und Blockaden aus dem Körper zu entfernen/lösen. Eine Vielzahl körperlicher Probleme stehen im Zusammenhang mit PTSD bzw. einem Trauma. Klassische mit einem Trauma assoziierte Beschwerden sind Arthritis, Magenverstimmungen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, auch eine schwere Operation kann ein Auslöser sein. Gerade für Menschen mit einem Trauma ist es wichtig, zu lernen, ihr aus dem Takt geratenes Nervensystem zu beruhigen, es wieder in Balance zu bringen.

Psychotherapie mit Medikamenten und dem Ansatz der Verhaltensänderung reicht da oft nicht, um diese Ungleichheiten im endokrinen System auszugleichen.
Meine Grundlage ist das Satyananda Yoga und davon ausgehend, gehe ich auf die individuellen Bedürfnisse meiner Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein.

Satyananda Yoga ist besonders gut geeignet, da es ein ganzheitliches System ist, das Körper Geist, Seele, Atmung, Lebens- und Geisteshaltung beinhaltet. Ich nenne es daher „holy stick yoga“. Pranayama, Yoga Nidra (bedeutet „Schlaf oder Nicht-Bewusstsein“), verschiedene Mediationsformen, Geisteshaltungen – das alles können wir nutzen.

Wir arbeiten mit sehr einfachen Körperbewegungen zur Dehnung sowie zur Anregung des Kreislaufs und zur Stärkung des Immunsystems. Eine ganz wesentliche Rolle spielt dabei die Atmung, denn viele Menschen mit PTSD atmen zu flach und zu schnell. Manche Asanas in Kombination mit bewusster Atmung können helfen, Spannungen in den Atemwegen zu lösen.

Wie wirkt  bzw. welchen Hintergrund Trauma Yoga?
In einer Notfallsituation schüttet der Körper Adrenalin aus, ist angespannt, um im Notfall die Flucht ergreifen zu können. Das ist eine völlig natürliche Reaktion und normalerweise ein kurzfristiger Zustand. Bei einem Trauma manifestiert sich dieser angespannte Zustand jedoch, das Nervensystem ist ständig auf Notfall eingestellt. Mit Trauma Yoga kann es gelingen, das Nervensystem wieder zu beruhigen, die Schüler lernen, sich zu entspannen. Das funktioniert vor allem durch die richtige Atemtechnik, tägliches Üben und durch die Änderung der Geisteshaltung, negative Muster in positive Muster zu verwandeln. Yoga hat einen ganzheitlichen Ansatz, aber Yoga wurde nicht als Therapie entwickelt, sondern stärkt das menschliche Potential und kann das Gleichgewicht wieder herstellen.  

Wie kamen Sie zu Trauma Yoga?
Ich wurde gefragt, ob ich eine Yogaklasse mit Kriegsveteranen des Vietnamkrieges unterrichten könnte. Ich wusste damals weder etwas über Kriegsveteranen noch über Yoga für Trauma. Mittlerweile ist das Thema weit verbreitet. Letztendlich habe ich das meiste durch persönliche Studien und das Beobachten meiner SchülerInnen in der Praxis gelernt, was ihnen hilft und was funktioniert. Mit der Zeit sind immer mehr Menschen zu mir gekommen und ich habe erkannt, dass es hier einen großen Bedarf gibt. So entstanden dann auch der Film und das Buch „Hope – How Yoga heals the scars of Trauma“

Vielen Dank für das Interview!


Die Yogalehrerin

Ahimsa (Helen Cushing)Hope Yoga trauma Helen Cushing | yogaguide, Australien praktiziert Yoga seit 1975 und unterrichtet seit 2003. Sie ist nicht nur in ihrem Heimatland Australien eine gefragte Lehrerin, sondern auch international. Viele Jahre lang war sie Managerin des Hobart Yoga & Meditation Centre in Tasmanien. Sie unterrichtet in Yogalehrer-Ausbildungen in Indien, Australien und leitet Workshops, Retreats in Australien und weltweit. Außerdem nahm sie an einer kolumbianischen Studie zu posttraumtischen Belastungsstörungen (PTSD) teil, die sie in ihrem preisgekrönten Dokumentarfilm ‚Heroes of Peace' dokumentierte.
www.gangesyoga.net
| www.lifebeyondtrauma.com | Ahimsa auf facebook

[amazon 0980806216] Series: Yogic Living Series (Book 2), Paperback: 215 pages, Publisher: Ganges Yoga; 1st edition (2016), Language: English, Product Dimensions: 11 x 8.5 x 0.5 inches

Filmtipp
Ahimsa produzierte 2014 den preisgekrönten Dokumentarfilm ‚Heroes of Peace‚, in dem sie einige Erfahrungen von traumatisierten Kriegsveteranen, die auch an der o.g. Studie teilnahmen, präsentierte.