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Sanskritexperten erforschen Yoga anhand Haṭhapradīpikā

Sanskritexperten erforschen Yoga | yoga guide

Gemeinsames Yoga-Projekt der Marburger Indologie und der Londoner SOAS. Deutsche und britische Sanskritexperten erschließen in einem neuen Forschungsvorhaben ein Schlüsselwerk des Haṭha-Yoga: die Haṭhapradīpikā | Foto© Hatha-Yoga-Project

Marburger Indologen / Sanskritexperten erschließen in einem neuen Forschungsvorhaben ein Schlüsselwerk des Haṭha-Yoga: die Haṭhapradīpikā. Sie versuchen den Wandel der Textfassungen im Laufe der Zeit nachzuvollziehen. Die Editionsfachleute um Professor Dr. Jürgen Hanneder vom Marburger Fachgebiet Indologie und Tibetologie haben sich für das Projekt mit einem Team der Londoner Universität SOAS - School of Oriental and African Studies zusammengetan und erhielten den Zuschlag für ein UK-German Project, das unter dem Titel »Licht auf Haṭha-Yoga«, welches gemeinsam vom britischen Arts and Humanities Research Council (AHRC) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bis zum Jahr 2024 finanziert wird.

Die Entwicklung des Yoga nachzeichnen
Seit Januar 2021 wird an beiden Standorten ein Team von fünf Forscherinnen und Forschern unter der Leitung von James Mallinson und Jürgen Hanneder das Schlüsselwerk des Haṭha-Yoga erforscht: Die Haṭha(yoga)pradīpikā. Sie ist der vielleicht einflussreichste Text des "körperlichen" Yoga, der in den letzten zwei Dekaden als globale Bewegung ein schier unglaubliches Wachstum vollzog.

Der Text ist – angesichts seiner Popularität nicht verwunderlich – in 250 Handschriften überliefert, deren Details einiges über die Rezeptionsgeschichte und Entwicklungsdynamik einer mittelalterlichen Bewegung auf dem Weg in die Neuzeit verraten kann. Gedruckt ist allerdings nur ein Ausschnitt aus dieser Vielfalt. Das Projekt hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Haṭhapradīpikā in allenVersionen zu erschließen, also die Originaltexte kritisch zu edieren, zu übersetzen und zu kommentieren.

Der Einfluss indischer Kultur auf die Welt
Ob man nun die wirtschaftlichen Daten betrachtet – die Branche setzt jedes Jahr viele Milliarden Euro um –, oder das Phänomen des Kulturkontaktes – in keinem Gebiet ist der Einfluss indischer Kultur auf die Welt vermutlich größer –, es handelt sich um eine spektakuläre Entwicklung, deren Erforschung mit London als Gravitationszentrum in den letzten Jahren erheblich an Fahrt aufgenommen hat.

Wer hat das Copyright auf Yoga?
Die Begleitumstände dieser globalen Bewegung zu untersuchen, ist eine soziologische, religionswissenschaftliche und angesichts der indischen Kulturpolitik auch politologische Aufgabe. Wie die indischen Ansprüche an das copyright für den Yoga zeigen, fehlte der Forschung aber lange eine klare Vorstellung von der historischen Entwicklung des körperlichen Yoga. War er so alt wie die Yoga-Bewegung oder gar die Esoterik dachte, oder war er im Gegenteil vor allem eine Erfindung der späten Kolonialzeit? Erst durch die jüngsten Forschungen in London läßt sich mit Hilfe neuer Quellen die Entwicklung des Haṭha-Yoga genauer nachzeichnen.

Während die Londoner Gruppe seit längerem das internationale Zentrum der Yoga-Forschung darstellt, wird Marburg seine in vielen Projekten erprobte editionswissenschaftliche Expertise einbringen. Für den Leiter des Fachgebietes Indologie an der Philipps-Universität Dr. Jürgen Hanneder verbindet sich mit der Kooperation eine längerfristige Erweiterung der Forschungsschwerpunkte, die bisher vor allem in der kaschmirischen Sanskritliteratur liegen, um die Erforschung der vielfältigen Ausprägungen des Yoga.

Das Londoner und Marburger Forschungsteam
Die Kooperation, die von den ehemaligen Studienkollegen Mallinson und Hanneder geleitet wird, ist zugleich ein Zeichen für die englisch-deutsche Forschungskooperation, die in der Indologie in Deutschland seit ihrer Gründung praktiziert wurde, und die sich auch durch eine vorübergehende Beeinträchtigung durch die Politik nicht beirren läßt.

Neben dem Sanskritexperten Hanneder beteiligen sich auf Marburger Seite Dr. Mitsuyo Demoto sowie Hanneders Doktorand Nils-Jacob Liersch an der Forschungsarbeit, der bereits einen frühen Schlüsseltext des Yoga erschlossen hat.

Die Londoner Gruppe besteht aus ihrem Leiter Dr. James Mallinson und dem Hatha-Yoga-Spezialisten Dr. Jason Birch. Zwei Mitarbeiter der Universität École française d’Extrême-Orient in Indien vervollständigen die Gruppe.

Weitere Informationen
Philipps-Universität Marburg
Prof. Dr. Jürgen Hanneder

Fachgebiet Indologie und Tibetologie
Tel: +49 / 6421 / 28-24930
hanneder@staff.uni-marburg.de
www.uni-marburg.de